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Handicap Papa

Der Golfologe

Seltsame Gedankenexperimente treiben ihn um - unser Handicap-Papa-Kolumnist mutiert im Lockdown zum Nerd.

10. Februar 2021

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Gibt es in unserem Haushalt etwas zu entscheiden, sind wir uns zumindest in einem einig: dass wir uns uneinig sind. Ein Problem, mindestens vier Lösungsvorschläge. Eine Frage, vier verschiedene Antworten. Was soll es heute zum Essen geben? Sohn: "Brabbelbrabbelmcdonalds". Tochter: "Muss ich Siri fragen." Freundin: "Nichts!" (wegen Figur). Ich: "Bier ist auch Essen."

Es ist wie mit den vielen Experten, die wir seit einem Jahr in Dauerrotation in den Talkshows hocken sehen. Eigentlich verfolgen alle EIN Ziel: diesen Corona-Irrsinn in den Griff zu bekommen. Aber um das Wie kloppen sie sich - die zig Virologen und Epidemiologen mit ihren unterschiedlichen Thesen, Lösungsvorschlägen, Ansichten etc.

Welten prallen aufeinander

Nachdem ich mir nun letztens wieder so eine Schlacht im Fernsehen angesehen hatte, kam ich (halbwegs nüchtern!) zu folgendem Gedankenexperiment: Eigentlich sollte uns Golf-Fans das aktuelle Durcheinander der Experten nicht wirklich schocken, oder? Wir sind es doch gewohnt, dass uns zig Gurus versprechen, die Slices, Sockets und fetten Treffer zu kurieren. Und das mit ganz unterschiedlichen Lösungsansätzen.

Gleich vorweg: Ich möchte keinesfalls ein potenziell tödliches Virus verharmlosen, in dem ich es mit einem Slice gleichsetze. Aber ich finde den Vergleich zwischen Golf- und Pandemieexperten recht amüsant (immer noch halbwegs nüchtern!). Denn auch im Golf prallen mitunter Experten-Welten aufeinander. Klar, alle sind sich über das Ziel des Spiels einig: Ball ins Loch. Aber wenn es um das Wie geht, gibt es mindestens so viele Meinungen wie bei Lanz. 

No-Slices-Strategie

Letztens fiel mir das Buch "Draw & Order" von Oliver Heuler in die Hände, einem der bekanntesten seiner Zunft in Deutschland. Heuler ist ja so etwas wie der Karl Lauterbach unter den deutschen Golflehrern und der Hohepriester des Draw. Jahrelang vertrat er eine strenge No-Slice-Strategie. Aus seiner Sicht galt es, den Reproduktionsfaktor von Schlägen mit Links-Rechts-Kurve auf Null zu drücken, um den Handicapwert zu beherrschen - und langfristig in den einstelligen Bereich zu senken. Mittlerweile ist auch Heuler von seiner Strategie etwas abgerückt und stellt weniger die Flugkurve, sondern viel mehr die für jeden Schüler individuelle Lösung in den Mittelpunkt. Slices treibt er zwar immer noch aus. Aber in Sachen Draw-Dogma hat er sich etwas entspannt. Was auch an Folgendem liegen mag.

Mit dem Slice leben

Denn während in Deutschland jedem Platzreife-Schüler die Relevanz des Draw eingetrichtert wurde, mutierten die Flugkurven auf der US-PGA-Tour in genau die entgegengesetzte Richtung: Dustin Johnson, Justin Thomas oder Brooks Koepka kloppen die Bälle nicht nur extraterrestrisch weit, sondern auch mit einer Links-Rechts-Kurve. Ein deutscher Golflehrer würde sie sofort als Slice geißeln. Interessant: Seitdem die Longhitter das tun, sind sie erfolgreich. Siehe Dustin Johnson, der nun dank eines Fades seine Länge auch zum Vorteil nutzt. Auch Deutschlands Vorzeigegolfer Martin Kaymer ist ein ausgemachter Rechts-Links-Kurven-Spieler. Mit seinem Powerfade würde er bei jedem Herrengolfnachmittag als Super-Slicer durchfallen.

Und passend dazu gibt es wiederum etliche Experten, die ein Leben mit dem Slice für durchaus vertretbar halten. Sie sagen sogar: Slices gab es schon immer. In den Anfängen des Golf wurden nur Links-Rechts-Kurven gehauen. George Gankas ist so einer - und so gesehen der Hendrik Streek unter den Golflehrern. 

Zum Nerd mutiert

Wie Sie sehen, gibt es nicht nur im Fernsehen oder bei mir zu Hause jede Menge Experten. Sie konnten aber vor allem lesen, dass mich der Lockdown zu wirklich seltsamen Gedankenexperimenten treibt. Und dabei habe ich regelmäßig meine Medikamente genommen. Hand drauf! Trotzdem merke ich, wie ich immer mehr zum Nerd mutiere. Letztens habe ich vor lauter Langeweile die Stroke-Gained-Statistik der PGA Tour gewälzt. Einfach so. Hilfe, ich werde zum Golfologen! Es wird Zeit, dass wir zur Normalität zurückkehren. In diesem Sinne widme ich mich mal wieder dem ganz normalen Wahnsinn hier zu Hause: Was wollen wir heute Essen?

Fabian Kendzia

Fabian Kendzia
Handicap-Papa-Kolumnist

I Alter: 44 Jahre I Wohnort: Erfurt, Thüringen I festangestellt in einer Werbeagentur I Familienstand: Freundin, 2 Kinder

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