In Deutschland ist es in vielen Sportarten üblich, dass Spitzensportlern spezielle Rechte und Ausnahmeregelungen eingeräumt werden, um ihr Dasein als Berufssportler mit gesellschaftlichen Pflichten in Einklang zu bringen. Denkt man insbesondere an die Branche des Wintersport, in der viele Spitzensportler von der Bundespolizei, vom Zoll oder von anderen deutschen Behörden in ihrer Tätigkeit als Spitzensportler gefördert und unterstützt werden, ist eine solche Regelung für diesen Leistungssportbereich gar nicht mehr wegzudenken. Ohne ein solches System wären deutsche Erfolge bei internationalen Wettkämpfen in vielen zeitaufwendigen und teuren Profisportarten erst gar nicht möglich.
Kims Sieg bei Players Championship zählt nicht
Von solchen Verhältnissen kann der südkoreanische Golfprofi Siwoo Kim derzeit nur träumen. Über dem 25-Jährigen aus Seoul, der vor wenigen Tagen beim American Express seinen dritten PGA Tour-Titel einfuhr und sich in den vergangenen sechs Monaten von Weltranglistenplatz 138 unter die Top 50 vorkämpfte, schwebt das Damoklesschwert der Wehrpflicht. Kim droht wie allen Männern in Südkorea zwischen 18 und 28 Jahren, für einen zweijährigen Militärdienst eingezogen zu werden.
Die derzeitigen Wehrpflichtbestimmungen in Südkorea sehen nur wenige Ausnahmeregelungen für Profisportler vor. Athleten, die bei olympischen Spielen Medaillen oder bei den nur für südkoreanische Amateurgolfer zugelassenen Asienspielen Goldmedaillen gewinnen, können Ausnahmen von der Wehrpflicht erhalten. Stattdessen kann alternativ vier Wochen eine militärische Grundversorgung absolviert werden. Zusätzlich gibt es die Verpflichtung, sechs Jahre lang an einer jährlichen Militärausbildung teilzunehmen. Ursprünglich gab es bei Kim die Hoffnung, dass sein Sieg von 2017 bei der Players Championship als Ausnahme zugelassen würde. Kim hat diese Hoffnung mittlerweile aufgegeben.
An 8-under Sunday closed out the weekend and third title for Si Woo Kim. ??
— PGA TOUR (@PGATOUR) January 25, 2021
Entscheidung für das Militär getroffen
"Ich wünschte wirklich, wir könnten diesen Vorteil haben", antwortete Kim Golf Digest mit Blick auf die erhoffte Ausnahme-Klausel nach seinem Erfolg auf der PGA Tour vor rund drei Jahren. "Aber unabhängig davon, dass ich dieses Turnier gewonnen habe, muss ich wirklich zum Militärdienst gehen, und ich habe bereits entschieden, dass ich auch gehen werde, also bin ich bereit dafür."
Weitere Ausnahmeregelungen wie sie es einst auch bei der bis 2010 in Deutschland existierenden allgemeinen Wehrpflicht gab, soll es für Kim nicht geben. Droht Kim also demnächst der Karriereknick, sollte er nicht eine Medaille bei den kommenden olympischen Spielen in Tokio holen? Negativbeispiele zu Karriereeinbrüchen nach einem Wehrdienst gibt es jedenfalls aus der jüngsten Vergangenheit. Landsmann Sangmoon Bae erfüllte seine Wehrpflicht in Südkorea einst von 2015 bis 2017. Nach der Rückkehr konnte der ehemalige 26. der Golfweltrangliste und zweimalige PGA-Champion nicht mehr an seine Erfolge der Vergangenheit anknüpfen.
Bedeutsamer Kampf um die Olympia-Teilnahme
Das Dilemma für Kim: Aktuell besetzt sein Landsmann Sungjae Im einen der beiden Qualifikationsplätze für die olympischen Sommerspiele. Im Kampf um den zweiten Platz muss sich Kim in den nächsten Monaten gegen die landesinterne Konkurrenz um Byeong Hun An und Sunghoon Kang durchsetzen, um für Südkorea bei den olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen. Unter der südkoreanischen Flagge dort Golf zu spielen, dürfte Kim wohl viel besser gefallen als unter jenem Banner möglicherweise demnächst bewaffnet im Tarnanzug herumlaufen zu müssen.