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Open Championship

Im Auftrag ihrer Majestät

Die Open Championship findet zum 15. Mal im Royal St. George's GC statt. An Geschichten mangelt es dem Platz im Südwesten Englands nicht.

13. Juli 2021

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Sie gilt als eine der ikonischsten Szenen in der James-Bond-Geschichte: Sean Connery bittet Bösewicht Goldfinger im gleichnamigen Streifen (1964) um ein Duell auf dem fiktiven Royal St. Marks. Der Wetteinsatz des wie ein Vorspiel für das erbitterte Duell zwischen den beiden Hauptprotagonisten wirkende Match beträgt 10.000 US-Dollar und während Goldfinger einige Male die Integrität des GolfSports beschmutzt, vertauscht Bond in seiner typisch cleveren Art den Ball seines Widersachers, sodass die Partie am Ende zu Gunsten des britischen Geheimagenten ausgeht. Inszeniert wurde das Ganze vom Romanautor Sir Ian Fleming, der selbst Mitglied des 1887 gegründeten Royal St. George's Golf Clubs war und im entsprechenden Drehbuch den altehrwürdigen Club als Vorlage verwendet. Fleming hatte eine große Passion zum Golfsport, die er in diesen Anfangsminuten ausleben konnte.


(Goldfinger und James Bond, Photo by Silver Screen Collection/Getty Images)

Trotz der meisterhaften Inszenierung muss sich das Bond-Match spannungstechnisch hintenanstellen. Denn was bei einigen der 14 Open Championships in Royal St. George's mitunter geboten wurde, hätte kein Drehbuchautor besser schreiben können. Beginnen wir chronologisch und damit im Jahr 1894, als man erstmals in der Geschichte des Turniers überhaupt außerhalb Schottlands Halt machte und ein gewisser J.H. Taylor die erste Open in Royal St. George’s gewann. Genau genommen hieß der in Sandwich in der Grafschaft Kent gelegene Platz damals noch anders. Der königliche Status wurde nämlich erst 1902 durch König Edward VII. verliehen. Der mitten in der Dünenlandschaft gebaute Kurs war die englische Antwort auf das schottische Home of Golf in St. Andrews. Taylor erhielt für seinen Sieg damals übrigens 30 Pfund. Eine Runde in den 70ern unterschrieb der Engländer auf dem Kurs, der sich inzwischen als Par 70 spielt, an keinem der vier Turniertage.

Legendäre Mehrfachsieger in Royal St. George’s hörten auf die Namen Harry Vardon (1899 & 1911) oder Walter Hagen (1922 & 1928). Und auch Sir Henry Cotton (1934) sowie Bobby Locke (1949) konnten sich immerhin einmal an dem historischen Ort verewigen. In der Woche, als sich der der Südafrikaner in die Siegerliste eintrug, sorgte eine zerbrochene Glasflasche für die Geschichte des Turniers. Als der Ire Harry Bradshaw seinen Abschlag auf der fünften Bahn ins Rough jagte, fand er nämlich sein Ball inmitten eines abgebrochenen Flaschenhalses. Statt einen Regelhüter heranzuholen, um eine Free Drop zu erhalten, entschied sich Bradshaw, den Ball so zu spielen, wie er lag. Die Flasche zersprang in ihre letzten Einzelteile und das Doppel-Bogey landete auf der Karte. Zwei Tage später beendete Bradshaw die Open schlaggleich mit Locke und verlor das anschließende Playoff über 36 Löcher.


(Bernhard Langer und Greg Norman, Photo by R&A via Getty Images)

Greift man zu den nicht ganz so verstaubten Geschichtsbüchern, stößt man unweigerlich auf die Open 1993, als Greg Norman eine der vielleicht besten Major-Leistungen aller Zeiten auf die ondulierten Fairways des Royal St. George’s zauberte. Mit der damals niedrigsten Finalrunde eines Sieger bei einer Open (64) jemals flog der Australier an der namhaften Konkurrenz vorbei und sicherte sich seinen zweiten Titel bei dem ältesten Golfmajor. Sein damaliger Spielpartner Bernhard Langer beschrieb Norman an diesem Tag als "unbesiegbar" und Gene Sarazen bezeichnete das Turnier als die beste Meisterschaft, die er in seinen 70 Jahren Golferfahrung erlebte.

Langers persönliche Erinnerungen an Open Championships in Royal St. George’s beschreibt er selbst als "bittersüß". Drei Mal schnupperte er in Sandwich am Gewinn der Claret Jug - unter anderem auch 1993, seiner dritten Open auf dem von William Laidlaw Purves entworfenen Platz. 1981 wurde Langer im Alter von 23 Jahren Zweiter hinter dem US-Amerikaner Bill Rogers und vier Jahre später ging er als geteilter Führender in den Finaltag, musste sich aber letztlich mit Rang drei begnügen. "Die Stimmung war elektrisierend", erinnert sich der 63-Jährige an die Szenen am letzten Loch, als er ein Chip-in benötigte, um ins Stechen mit dem späteren Sieger Sandy Lyle zu ziehen. Wenige Zentimeter fehlten zum Birdie und so ging dieser Finaltag als "einer der enttäuschendsten" Tage in der Karriere des World Golf Hall of Famers ein.

Langer verzichtet

Bei Normans One-Man-Show 1993 machte Langer erneut vieles richtig, übernahm nach einer 67 (-5) im Finale aber einmal mehr die Rolle des Gratulanten. "Norman spielte eine der besten Runden, die ich jemals miterlebt habe", so der zweifache Masters-Sieger, der so gerne einmal in seiner Karriere die Claret Jug als Sieger in seinen Händen gehalten hätte. Als amtierender Senior-Open-Champion hätte Langer bei der dieswöchigen Ausgabe der Open Championship in Royal St. George’s eigentlich einen Startplatz sicher gehabt. Der elffacher Major-Sieger auf der PGA Tour Champions verzichtet jedoch auf die Teilnahme, um sich optimal auf seine Titelverteidigung bei der Senior Open vorzubereiten.

Die Anforderungen auf dem anspruchsvollen Kurs in Kent kämen den Stärken in Langers Spiel grundsätzlich entgegen. Ein kluges Kurs-Management in Kombination mit flachen Schlägen, um den Ball unter dem Wind zu lassen, gehören zum Standardrepertoire des Altmeisters. Wie wohl sich Langer auf klassischen Linksplätzen wie Royal St. George’s fühlt, stellte er mehrmals unter Beweis. Auch wenn es nie für den ganz großen Coup reichte.


(Ben Curtis, Thomas Björn und Vijay Singh, Photo by David Cannon/Getty Images)

2003 brachte Royal St. George’s einen der überraschendsten Major-Sieger aller Zeiten hervor. Der US-Amerikaner Ben Curtis spielte als Nummer 396 der Welt sein erstes Major überhaupt und gewann am Ende mit einem Schlag vor Thomas Björn und Vijay Singh. Nach dem Dänen Björn wurde übrigens aufgrund einer Szene in der Finalrunde dieses Turniers der Bunker rechts vom Grün der 16. Spielbahn benannt. In Führung liegend benötigte der damals 32-Jährige drei Versuche, um aus dem Sand zu kommen. Björn kassierte das Doppel-Bogey und öffnete letztlich die Tür für Curtis' Sensationserfolg. "Ein teurer Fehler", wie Björn später selbst feststellte. Generell schien er in dieser Woche mit dem Sand in Royal St. George’s auf Kriegsfuß zu stehen. Schon in der ersten Runde schlug er mit seinem Schläger wütend in den Bunker der 17, nachdem er zuvor unter den Ball durchschlug. Björn kassierte zwei Strafschläge und ging mit einem Quadruple-Bogey vom Grün.

Doch nicht nur die Bunker in Royal St. George’s haben es in sich. Noch mehr als die teilweise tiefen Sandflächen bestraft einen das Rough entlang der meist seitlich abschüssigen Fairways. Unvergessen die Suchaktion 2003, als Tiger Woods' erster Abschlag im Turnier im hohen, dichten Gras der Eröffnungsbahn verschwand. Auch mit tatkräftiger Unterstützung einiger Helfer und Zuschauer konnte der Ball nicht mehr ausfindig gemacht werden. Woods verlor erstmals in seiner Profikarriere einen Ball und startete mit einem Triple-Bogey in die Open, die er als geteilter Vierter beenden sollte. Doch Woods war nicht der einzige mit Problemen an der Eins. Jerry Kelly ging im selben Jahr mit einer "11" vom Loch - und dafür musste er nicht einmal einen Ball im Rough verlieren.


(Darren Clarke, Photo by Ian Walton/R&A via Getty Images)

Kommen wir zur letzten Open Championship, die in Royal St. George’s stattfand. Als wäre Curtis‘ Siegeszug nicht überraschend genug gewesen, legte Darren Clarke acht Jahre später ein weiteres Märchen nach. Im Alter von 42 Jahren, an Nummer 111 der Weltrangliste geführt und fünf Jahre nach dem Tod seiner krebskranken Frau feierte der Nordire den größten Erfolg seiner Karriere, als er Phil Mickelson und Dustin Johnson hinter sich ließ, um den letzten seiner insgesamt 14 European-Tour-Siege zu zelebrieren. "Eine lange Reise" ging für Clarke zu Ende und endlich durfte er sich Major-Champion nennen. Den Sieg widmete er seiner verstorbenen Frau und ihren zwei gemeinsamen Kindern.

Nach Clarkes emotionalem Sieg bei der Open 2011 wurden kleinere Änderungen an Purves' Design vorgenommen. Unter anderem modifizierte man den berühmten, fast schon majestätischen, "Himalaya"-Bunker auf der rechten Seite des fünften Fairways. Die über die Jahre entstandenen Schwellen wurden entfernt und so erstrahlt das tiefste Sandhindernis in der Open-Ära in diesem Jahr wieder in einem deutlich kantigeren Look. Auch auf der 18 widmete man sich den Bunkern, um den Spielern mehr taktische Möglichkeiten zu geben.


(Die vierte Bahn des Royal St. George's, Photo by David Cannon/R&A via Getty Images)

Was sich auch bei der 15. Ausgabe nicht ändern wird: Eigentlich gute Schläge landen aufgrund der welligen Spielbahnen und Grüns teilweise an Stellen, die den Spielern einige Probleme bereiten werden. Allzu tiefe Ergebnisse lässt der 6.587 Meter lange Kurs ohnehin nicht zu und wenn dann auch noch unglückliche Bounces hinzukommen, gilt es das Frustrationslevel möglichst niedrig zu halten. Die Nerven zu verlieren, wie es beispielsweise Björn 2003 passierte, ist auf keinem Platz dieser Welt förderlich. Und erst recht nicht im Royal St. George’s Golf Club. Hier muss man einen kühlen Kopf bewahren und clever agieren. So wie James Bond eben. Nur die Bälle von der Konkurrenz sollte man besser unberührt lassen, dann winken einem am Ende der Woche vielleicht etwas mehr als zwei Millionen US-Dollar an Preisgeld und - noch viel wichtiger - ein Platz in den royalen Geschichtsbüchern des ältesten Open-Austragungsorts Englands.

Daniel Dillenburg

Daniel Dillenburg
Freier Redakteur

Daniel Dillenburg schreibt seit 2013 über den schönen Golfsport und ist nun nach seinem Bachelorstudium im Fach Medienwissenschaft nach Wien gezogen. Artikel werden trotzdem noch in hochdeutsch verfasst.

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