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Handicap Papa

Golf und Vorurteil

Na endlich. Dank einiger Zaungäste am Golfplatz weiß unser Handicap-Papa-Kolumnist nun Bescheid: er ist ein Kapitalist. Schließlich spielt er Golf.

12. Juli 2022

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Parallel zur Bahn 9 des gemütlichen 9-Löcher-Platzes, auf dem ich nach familiärer Freigabe meine Runden drehe, verläuft ein schmaler Pfad. Ab und an verirren sich todesmutige Ausflügler auf diesen Pfad, die die Begriffe "Pull" oder "Hook" vermutlich erst kennen werden, nachdem sie im Krankenhaus aufgewacht sind. Denn: Der Pfad befindet sich links der Spielbahn. 

Als mein Freund Siggi und ich neulich am Abschlag der letzten Bahn standen, näherte sich eine größere Gruppe Jugendlicher auf besagtem Pfad. Unsere an der vorherigen Bahn gekegelten Bogeys verdauend, machten wir uns bereit für den Abschlag. Da schallte ein Gesprächsfetzen aus der Truppe zu uns herüber: "… Golf ist echt ein Kapitalistensport!"

Alles klar! Mich hatte es eh gewundert, dass diese Kids hier mit Rücksäcken und Isomatten bepackt entlangwanderten, anstatt sich auf irgendwelchen Autobahnen festzukleben. Aber mit ihrem mehr als offensichtlichen Vorurteil bestärkten sie natürlich auch meine Vorurteile ihnen gegenüber: Moralinsaure Richkids, die auf dem in Asien gefertigten Handy gegen die Globalisierung wettern. 

Alter, weißer Mann

Jaja, ich bin ein alter, weißer Mann. Und meine verkürzte Kritik an diesen - oftmals zurecht natürlich - engagierten Kids nervt mich ja selbst oft genug. Doch an diesem Nachmittag fühlte ich mich mal wieder vollends bestätigt. Na klar: Golf, der Kapitalistensport.

Also setzte ich mich in mein Kapitalistenauto (ein gebrauchter Golf III), fuhr in unsere Kapitalistenwohnung (eine normale Mietwohnung) und machte Kapitalistensachen: Müll runterbringen, Kinderchaos beseitigen, Handicap-Papa-Kolumne schreiben.

Der Snobsport

Es ist doch wirklich irre, wie sehr Vorurteil und Realität in Sachen Golfsport auseinanderklaffen. Und obwohl im Fußball deutlich mehr Geld umgesetzt und verdient wird und selbst kleine Vereine junge Talente für Unsummen verhökern, behauptet sich der Fußball als Sport des kleinen Mannes. Golf? Bekommt das Image des Snobsports einfach nicht los. Ich weiß, es ist ein Stück weit der Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. Fußball ist in Deutschland Volkssport. Und im Zweifel wird man reich, wenn man (gut) Fußball spielt. Das ist beim Golf in den Augen der Öffentlichkeit anders: Golf spielt man nicht, um reich zu werden, sondern erst, wenn man reich ist.

In diesem Sinne kann ich die Kritik an den obszön hohen Preisgeldern der großen Touren nicht wirklich nachvollziehen. Im Gegenteil! Vielleicht sollte man diese bei der Nachwuchsgewinnung im Golf mal mehr herausstellen: Golf als Aufstiegschance! In den angelsächsischen Regionen ist das gang und gäbe.

Anspruch und Wirklichkeit

Apropos Aufstiegschancen: Denn während ich über die großen Themen im Golf eher weniger als mehr fundiert sinnierte, knallte unsere Wohnungstür auf. Meine Tochter kam herein. Sie ächzte unter der Last ihres Schulranzens (wir Kapitalisten wohnen im dritten Stock ohne Fahrstuhl) und hielt mir, ansatzlos wie immer, einen Vortrag über Dinge, die sie doch dringend benötigt: die neuen adidas-Sneaker XYZ, ein iPad wie es ihre beste Freundin hat, dieses und jenes und überhaupt, eine Taschengelderhöhung stünde schließlich auch mal wieder an - Inflationsausgleich! Interessant, wie schnell 12-jährige doch lernen, wenn es um den eigenen Geldbeutel geht.

Ich bin es natürlich gewohnt, dass die Ansprüche meiner Tochter so gut wie nie mit unserem Kontostand korrelieren. Also entspann sich unser übliches Gespräch über Anspruch und Wirklichkeit. Schade, dass die am Golfplatz vorbeigewanderten Kids nicht Zeugen sein konnten.

Bleiben Sie sportlich, gesund und fröhlich.

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Fabian Kendzia

Fabian Kendzia
Handicap-Papa-Kolumnist

I Alter: 44 Jahre I Wohnort: Erfurt, Thüringen I festangestellt in einer Werbeagentur I Familienstand: Freundin, 2 Kinder

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