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US Open

Torrey Pines: Woods' Wohnzimmer

Die US Open findet in dieser Woche zum zweiten Mal in Torrey Pines statt. Das Gesicht des Platzes fehlt jedoch.

15. Juni 2021

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Seit den Sechzigern macht die PGA Tour jedes Jahr Halt in Torrey Pines. Die Farmers Insurance Open hat sich an einem netten Plätzchen an der Westküste Kaliforniens niedergelassen. Mit Blick auf den Pazifik messen sich hier in La Jolla in regelmäßigen Abständen die besten Spieler der Welt. Berühmte Namen wie Jack Nicklaus, Phil Mickelson oder José Maria Olazábal trugen sich bereits in Torrey Pines' lange Siegerliste ein. Mickelson gewann die Farmers Insurance Open gleich drei Mal. Auch Bernhard Langer schnupperte einst am Sieg, unterlag jedoch im Stechen der 1986er-Ausgabe gegen Bob Tway.

Niemand dominierte aber auf der 36-Löcher-Anlage, die aus einem Nord- und einem Südkurs besteht, so sehr wie Tiger Woods. Nicht nur gewann er die Farmers Insurance Open, die traditionell auf beiden Plätzen stattfindet, sieben Mal - davon allein vier Mal in Folge zwischen den Jahren 2005 und 2008. Der alles überstrahlende Golfer der frühen 2000er entschied auch die bislang einzige US Open, die in Torrey Pines ausgetragen wurde. 2008 setzte sich ein humpelnder Woods, dem die Ärzte im Vorfeld des Majors von einem Start abrieten, in einem denkwürdigen Montagsplayoff gegen Rocco Mediate durch. Im Alter von 32 Jahren holte er seinen 14. Major-Titel. Für keinen musste er so hart kämpfen wie für diesen.


(Tiger Woods bei der US Open 2008, Photo by Charles Baus/Icon Sportswire via Getty Images)

Torrey Pines hat schon immer einen besonderen Platz in Woods‘ Herzen. Hier sah er als kleiner Bub seine ersten Profiturniere - als Zuschauer an der Seite seines Vaters Earl. Für Woods war die Rückkehr nach Torrey Pines jedes Mal wie eine kleine Reise in die Vergangenheit. Eine Rückkehr nach Hause. Dorthin, wo er so viele Erfolge feierte. In dieser Woche kehrt die US Open zurück nach Torrey Pines. Zum zweiten Mal in der Geschichte dient der South Course als Austragungsort der US-amerikanischen Meisterschaft. Woods wird aus bekannten Gründen nicht antreten können. Sein aktueller Gesundheitszustand ist nicht mit dem aus dem Jahr 2008 zu vergleichen.

Der dreimalige US-Open-Champion wird sich auch das dritte Major des Jahres von zuhause aus anschauen müssen. Wann Woods sich von den Folgen seines Autounfalls im Februar erholt haben wird, ist reine Spekulation. Was jedoch feststeht ist, dass sich nicht nur Woods nach Torrey Pines sehnt. Auch in Torrey Pines wird man den Superstar vermissen. Doch so sehr Woods hier auch seinen Fußabdruck hinterließ, basiert Torrey Pines' Geschichte selbstverständlich nicht nur auf den Erfolgen eines einzigen Mannes. Seit 1957 wird auf dem ehemaligen Trainingsgelände der US-Armee, das nach dem zweiten Weltkrieg zurück in die Hände der Stadt von San Diego überging, Golf gespielt.


(Die ikonische dritte Bahn (Par 3), Photo by Keyur Khamar/PGA TOUR)

Bis heute befindet sich Torrey Pines im Besitz der Stadt. Für die Einwohner hat das die positive Folge, dass sie den South Course unter der Woche für gerade mal 63 US-Dollar spielen können. Der North Course liegt sogar noch 20 Dollar drunter. Für Gäste springen die Preise um ein Vielfaches nach oben. Wer am Wochenende 18 Löcher auf dem Südkurs drehen möchte, muss um die 250 US-Dollar in die Hand nehmen. Den Nordkurs gibt es wochentags immerhin für 128 Dollar.

Wem das Erlebnis die Plünderung des Sparschweins wert ist, bekommt insbesondere auf dem südlichen Major-Kurs jede Menge geboten. Als offizieller Designer des Platzes wird William F. Bell geführt. Genau genommen stammte die Vision Torrey Pines aber von seinem Vater William P. Bell. Dieser verstarb jedoch einige Jahre vor der Entstehung und so war es also William F., der stellvertretend für das Familien-Projekt die Geschicke leitete.


(Blick auf den South Course, Photo by Donald Miralle/Getty Images)

Seitdem tobten sich etliche andere Designer in Torrey Pines aus. Die folgenreichste Überarbeitung stammte Anfang der 2000er von Rees Jones, der im Zuge eines kostenintensiven städtischen Fünfjahresprogramms den Platz um satte 550 Meter in die Länge zog und einige Grüns renovierte. Die ikonischen Torrey-Kiefern rings um die Fairways des Platzes versuchte man so gut es geht zu erhalten. Jedoch ist der Schwund an Bäumen in den vergangenen Jahren immer weiter vorangeschritten. Trockenzeiten und heftige Stürme forderten ihre Opfer. Dies führt dazu, dass der Platz immer besser einzusehen ist und Jahr für Jahr einem Links-Platz näherkommt.

Wenn die USGA ihre Meisterschaft in Torrey Pines austrägt, dann ist davon auszugehen, dass sich der Platz nicht gerade einfach spielt. Bei der US Open 2008 waren mit Woods und Mediate lediglich die beiden besten Spieler nach vier Runden unter Par. Wer am Ende der Woche bei +6 lag, beendete das Turnier noch in den Top 20. Um diese Bedingungen in Torrey Pines herzustellen, muss die USGA aber wieder an ein paar Stellschrauben drehen. Denn die Siegerergebnisse bei der Farmers Insurance Open zeigen, dass in Torrey Pines durchaus niedrige Runden möglich sind. So gewann Patrick Reed das Turnier in diesem Jahr mit insgesamt 14 unter Par und fünf Zählern Vorsprung.

Eine Schraube, an der, wie schon 2008, gedreht wird, ist der Platzstandard, den man von 72 auf 71 Schlägen reduziert. Hierfür wird die sechste Bahn in ein 471 Meter langes Par 4 "verkürzt". Zudem bestraft man fehlende Präzision deutlich härter, indem das Rough, anders als noch bei der Farmers Insurance Open Ende Januar, fast ausschließlich aus dem dichten und hochgewachsenen Kikuyu-Gras besteht. Der sich drehende Wind an den Klippen der Pazifikküste tut sein Übriges - wobei der in dieser Woche nicht allzu stark erwartet wird. Es ist also die Kombination aus schmalen Fairways, dichtem Rough und die für ein Open-Setup gewohnt feilschnellen Grüns, die den besten Spielern der Welt zu schaffen macht. Einer der besten aller Zeiten, insbesondere in Torrey Pines, wird mit jeder Menge Wehmut von der Couch aus beobachten, wie sich die Kollegen in seinem "Wohnzimmer" anstellen.

Daniel Dillenburg

Daniel Dillenburg
Freier Redakteur

Daniel Dillenburg schreibt seit 2013 über den schönen Golfsport und ist nun nach seinem Bachelorstudium im Fach Medienwissenschaft nach Wien gezogen. Artikel werden trotzdem noch in hochdeutsch verfasst.

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