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Interview

"Der beste Bernhard Langer sein"

Bernhard Langer plaudert im exklusiven Interview aus dem Nähkästchen.

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Bernhard Langer spricht über seine deutsche Heimat, den Wert der Familie und über den deutschen Golfsport und dessen Potenzial in der Breite sowie in der Spitze. Der 62-jährige Serien-Champion bei zahlreichen Profigolf-Touren weltweit beschreibt jugendliche Leichtsinnigkeit mit Anekdoten aus den Anfangszeiten seiner Ausnahme-Karriere und erklärt sein Erfolgsrezept sowie seine Motivation, um sich fortwährend gegen die jüngere Konkurrenz zu behaupten.

Wie nehmen Sie Ihre Aufenthalte auf deutschen Golfplätzen wie bei der MercedesTrophy wahr und was bedeuten diese für Sie?
Bernhard Langer:
Ich genieße die Aufenthalte, weil sie mittlerweile kurz und sehr wenige geworden sind. Ein bis zwei Mal im Jahr bin ich bei meiner Mutter. Ich genieße auch die Zeit mit meinem Bruder und seiner Familie. Ich mag es, auch mal eine Runde Schafkopf zu spielen. Bevor ich zur MercedesTrophy gefahren bin, waren wir beim Eishockey in Augsburg.

Welchen Stellenwert nimmt die Familie ein?
BL
: Die Familie ist für mich immer sehr wichtig. Ich bin in einer tollen Familie aufgewachsen und habe zu ihr bis heute eine enge Beziehung. Ich bin dann ja nach Amerika ausgezogen und lebe dort mit meiner Familie. Anhausen ist aber immer noch mein zu Hause. Dort bin ich aufgewachsen und dort habe ich immer noch Freunde. Deswegen ist es immer noch meine Heimat.

Haben Sie nur bei Ihren europäischen Turnieren die Gelegenheit auf Heimatbesuche oder auch mal abseits davon?
BL
: Es kann beides vorkommen. Normalerweise komme ich im Sommer einmal heim, wenn ich zur British Open oder Senior British Open nach Europa reise. Die Kinder hatten früher zu dieser Zeit meist Ferien und sind ebenso mitgekommen wie meine Frau. Inzwischen sind die Kinder erwachsen geworden und haben einen Job und ihr eigenes Leben. Da kommen solche gemeinsamen Reisen nicht mehr zustande. Ab und zu schaffe ich es auch privat heim, wenn wir zum Beispiel über Weihnachten eine Woche lang Skilaufen gehen. Vor der MercedesTrophy habe ich es ausgenützt, mal zwei Tage zu Hause zu sein und Hallo zu sagen.

Wie beurteilen Sie den Status quo von Golf in Deutschland und wo haben Sie mögliche Verbesserungsvorschläge?
BL
: Verbessern kann man sich wahrscheinlich überall. Es gibt den Deutschen Golfverband, den Deutschen Golflehrer Verband und die Clubs, die in dieser Hinsicht etwas tun können. Ich bin relativ wenig im Land und kenne mich da nicht mehr so gut aus. Aber ich glaube, es wird schon viel getan. Wenn ich das mal mit der Zeit vergleiche, als ich ein Zehnjähriger war: Da gab es in Deutschland 100 Golfplätze. Heute gibt es davon ungefähr 800. Es hat sich schon etwas getan in den letzten 50 Jahren. Klar kann man mehr tun, aber wir haben inzwischen auch einige öffentliche Golfplätze, die es früher nicht gab. Es besteht für viele Leute die Möglichkeit, Golf einmal auszuprobieren.

Warum gibt es bei den Profis keinen Nachfolger von Bernhard Langer und wann könnte es wieder einen deutschen Spitzengolfer ihres Formats geben?
BL
: Das kann keiner voraussagen und das ist nicht so einfach. Wir haben Martin Kaymer, der über viele Jahre hinweg sehr erfolgreich war. Im Moment tut er sich ein bisschen schwer. Aber er kann wiederkommen. Es ist im Golf wie im Leben: Da geht es nicht nur immer nach oben, sondern rauf und runter. Ob irgendwann mehr nachkommt, ist schwer zu sagen. Golf ist auf der ganzen Welt und speziell im englischsprachigen Raum sehr populär, viel populärer als es in Deutschland ist. Da gibt es zigtausende Spieler, die auf die Tour wollen und Profis werden möchten. Es ist klar, dass es da mehr Talente gibt als bei uns, wo sich fast alles nur um Fußball dreht.

Wie gelingt es, so lange konstant an der Spitze mitzuspielen wie Sie?
BL
: Im Golf ist das sehr schwierig und nicht einfach. Da geht es um Haaresbreiten. Man kann einen Cut schnell mal verpassen oder schnell mal ein paar Schläge weiter hinten landen. Da ist man dann auf einmal nicht mehr unter den besten Zehn, sondern schnell mal auf Position 50 oder 60 zurückgefallen. Das geht ruckzuck. Wir spielen jede Woche einen anderen Golfplatz mit einem anderen Gelände, anderen Gräsern und unterschiedlichem Bunkersand. Das beweist, dass nicht immer die Gleichen gewinnen. Denn der eine Platz ist mehr für die langen Spieler geeignet, der andere Platz hingegen mehr für die präzisen Spieler. Auf unterschiedlichen Grüns tun sich manche auch schwer, zu putten. Es herrschen immer wieder andere Bedingungen. Mal ist es windig, da tun sich dann diejenigen Leute schwer, die den Ball sehr hoch schlagen. Wenn es windstill ist, haben diese Spieler dann hingegen wieder einen Vorteil. Mal sind die Grüns weich und mal hart. Grundsätzlich ist es schwer, im Golf konstant zu sein.

Wie bekommen Sie persönlich dann diese Konstanz hin? Nur an einer gesunden Ernährung, wie Sie zuletzt erklärt haben, kann das ja nicht liegen …
BL
: Nein, natürlich liegt es an vielen Dingen. Man muss eine gute Technik haben, damit man den Ball dorthin schlägt, wo man hinzielt. Ein gutes kurzes Spiel sollte man haben und vor allem Putten muss man gut können. Zudem ist es wichtig, mental stark zu sein. Man muss unter Druck sowie vor Kameras und vielen Zuschauern erfolgreich spielen können.

Wie meistern Sie solche Herausforderungen?
BL
: Das muss man lernen. Zum ersten Mal vor einer Kamera oder vielen Zuschauern zu spielen, die vor einem herumspringt, ist man als junger Mann nicht gewohnt. Daran muss man sich gewöhnen, die neue Situation akzeptieren und willkommen heißen. Und nicht Angst bekommen und Erstarren.

Wie war das denn zu Ihrer Anfangszeit?
BL
: Als Neunzehnjähriger habe ich mal die Irish Open angeführt. Das war damals mein erstes großes Turnier gewesen, in dem ich nach neun Löchern zwei Schläge Vorsprung hatte. Auf der Zehn habe ich dann auf einmal zu Überlegen angefangen und mich gefragt: Was mache ich denn jetzt mit diesem vielen Preisgeld? Und was sagst Du denn bei der Preisverteilung? Ich hatte in diesem jungen Alter ja bis dato noch nie öffentlich eine Ansprache gehalten. Drei Löcher später habe ich dann nicht mehr geführt, weil ich an so einen Mist gedacht habe. Die Gedanken waren nicht mehr beim Golf, sondern weiß Gott wo.

Ein klassischer Lerneffekt also?
BL
: Ich habe davon gelernt. Als ich das nächste Mal in so eine Position gekommen bin, habe ich diese Gedanken nicht mehr gehabt. Und wenn sie einmal doch da waren, habe ich sie sofort wieder ausgeblendet. Man muss sich verinnerlichen: Im Golf ist es erst vorbei, wenn der letzte Schlag tatsächlich vorbei ist. Bei einer Führung hat man eben noch ein paar Löcher zu spielen. Entscheidend ist: Konzentriere Dich auf das, was wichtig ist. Und das ist der nächste Schlag.

In der Umsetzung aber dann doch nicht einfach …
BL
: Ja, das hört sich so leicht an. Wenn man gerade einen Bogey gespielt hat, dann ist man natürlich sauer. Und es ist schwer, es zu vergessen und sich auf den nächsten Schlag zu konzentrieren. Aber das muss man lernen. Man muss da ran gehen und sich sagen: Das ist Vergangenheit und ich kann es jetzt nicht mehr ändern. Ob der letzte Schlag ein Birdie oder ein Doppel-Bogey war, ist vollkommen egal. Der nächste Schlag ist der Wichtigste. Das hört sich sehr einfach an, aber es ist unheimlich schwer in der Praxis umzusetzen, weil wir alle Emotionen und Gefühle haben.

Welche Ziele gibt es denn bei Ihnen nach so vielen Titeln überhaupt noch im Golf oder anderswo?
BL
: Mit Motivation habe ich nie ein Problem gehabt. Ich teile mir mein Leben auch so ein, dass ich nicht nur im Golf unterwegs bin. Ich lege auch Pausen ein, in denen ich die Schläger zur Seite stelle und andere Dinge unternehme. Nach einigen Tagen will ich dann wieder Golf spielen. Mir macht das weiterhin sehr viel Spaß und ich spiele auch gerne Turniergolf. Ziele habe ich mir auch immer gesetzt.

Die da lauten?
BL
: Es kommt dabei drauf an, wo ich spiele. Die letzten 13 Jahre war ich auf der Champions Tour und werde dort auch meine Karriere beenden. Es macht sehr viel Spaß. Da gibt es eine Menge Ziele: den Schwab Cup zu gewinnen, in der Geldrangliste zu gewinnen, Majors zu gewinnen oder Turniere zu gewinnen. Das größte Ziel ist es, der beste Bernhard Langer zu sein, der ich sein kann und mich weiter zu verbessern. Wenn mir das glückt, dann wird alles andere auch gelingen.

Inwieweit sehen Sie in diesem Zusammenhang die jüngere Konkurrenz, die nachkommt?
BL
: Natürlich bin ich jetzt in der Situation, in der jedes Jahr jüngere Golfer nachkommen. Da sind auf einmal 50-Jährige und ich bin 62 Jahre alt. Viele von den Jüngeren schlagen natürlich weiter und sind kräftiger und athletischer als ich. Der Kampf wird immer größer. Aber ich bin noch nicht bereit, ihn aufzugeben. Und ich bin weiterhin erfolgreich.

Das Gespräch führte Robert M. Frank

Robert M. Frank

Robert M. Frank
Leitender Redakteur

Nach abgeschlossenem Sportwissenschaft-Studium an der TU München ab 2008 als freier Autor/Reporter/Sportjournalist für Online-Portale, Tageszeitungen, Zeitschriften und Agenturen tätig. Der gebürtige Münchner, Jahrgang 1981, stieß 2018 zum Redaktionsteam hinzu und ist seit 2022 Leitender Redakteur bei myGOLF.de. Golferische Heimat: Gut Rieden in Starnberg

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