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"Ich dachte, Schmerztabletten geben mir Kraft"

Ex-PGA-Tour-Profi Will "Willy" Wilcox beendete 2021 seine Profikarriere. Eine jahrelange Drogenabhängigkeit hatten ihn dahingerafft. Eine Geschichte über Absturz und Auferstehung.

28. April 2022

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Auf den ersten Blick könnte man meinen, Will Wilcox habe eine gewöhnliche Profikarriere vorzuweisen: College-Golf an zwei Universitäten in Alabama und Georgia, gefolgt von einigen Jahren auf kleineren Profitouren in Nordamerika, bis irgendwann der Sprung über die Web.com Tour (inzwischen Korn Ferry Tour) auf die PGA Tour gelang. 2014 spielte Wilcox seine Rookie-Saison in der höchsten Golfliga und Kollegen wie Lanto Griffin waren sich sicher: "Dieser Typ wird Majors gewinnen."

Wilcox konnte früh einige Top-Ten-Ergebnisse einspielen, wurde bei der Barbasol Championship 2015 Zweiter und sorgte bei der Players Championship 2016 für eines seiner Karrierehighlights, als er auf der berühmten 17 des Stadium Course ein Hole-in-One erzielte. Der emotionale Ausbruch war gemacht für jeden Jahresrückblick und die Associated Press bezeichnete Wilcox damals als "Freigeist". Dass dieser talentierte Stimmungsmacher aus Alabama vermutlich zum Zeitpunkt seines Hole-in-Ones nicht ganz nüchtern war, wussten nur wenige.

In einem Interview mit Fire Pit Collective gab Wilcox nun Einblicke in sein Leben auf der Tour und deckte ein dunkles Geheimnis seiner Vita auf. "Ich war ein Drogenabhängiger mit einer PGA-Tour-Karte", so der inzwischen 35-Jährige. Drogen seien schon in frühen Teenagerjahren Teil seines Lebens gewesen. "Ich hatte eine Menge Ärger mit dem Gesetz, trank und war einfach nur dumm", gab Wilcox bereits in einem Interview mit Golf Punk HQ vor einigen Jahren zu Protokoll. Mit 17 landete er wegen Trunkenheit am Steuer hinter Gittern. Seine Eltern warfen ihn aus dem Haus und so musste er lange Zeit im Workout-Raum seiner Schwester schlafen.

Doch aus dem einstigen Problemkind, das für 5,50 US-Dollar die Stunde seine Miete finanzierte, wurde bald ein PGA-Tour-Profi, der es geschafft zu haben schien. Der Schein trog. Wilcox kam nie wirklich von den Drogen - oder wie er sie nennt, "Birdie Pills" - los. "Ich dachte, Schmerztabletten oder Birdie-Pillen würden mir Kraft geben, und kurzfristig bestätigten einige übermäßig lange Drives dies", sagt Willy. "Je schlechter ich meinen Körper behandelte, desto besser spielte ich eine Zeit lang." Ein Teufelskreis also, in dem Unmengen an Opioiden, Muskelrelaxantien und Heroin in seinem Körper landeten.

Sperre wegen Marihuanakonsum

Offiziell nachgewiesen wurde ihm keines dieser Suchtmittel. Mit einer Ausnahme: "Es ist einfach so verrückt, dass ich den Beginn meiner Rookie-Tour-Saison verloren habe, weil ich bei Dingen erwischt wurde, die jetzt legal und einigermaßen sicher sind." Wilcox wurde damals wegen Marihuanakonsums zeitweise suspendiert, war aber froh, dass man bei ihm nicht mehr nachgewiesen hatte: "Ich kann immer noch nicht glauben, dass es nicht das andere Zeug war."

Und so begann die Reise des Drogenabhängigen auf der PGA Tour. Wenig Schlaf, viele Drogen. Dicke Preisschecks, noch mehr Drogen. "Ich habe Millionen von Dollar verdient, als ich auf der größten Bühne des Profigolfsports spielte, und einen großen Teil dieser Gewinne für Drogen ausgegeben", sagt Willy. "All diese Dinge geschahen, ohne dass jemand davon wusste." Doch die wilde Achterbahnfahrt hatte bald auch sportliche Konsequenzen. 2017 verlor er seine PGA-Tour-Karte. Anschließend ging es zurück auf die Korn Ferry Tour, wo er immer wieder um Turniersiege mitspielte, ehe er  Ende der 2021er-Saison, nachdem er dann auch seine Karte für die Korn Ferry Tour verloren hatte, sein Karriereende bekanntgab. An seinem Lebensstil änderte sich aber zunächst wenig.

Jetzt oder nie

Erst eine Nahtoderfahrung sorgte für den Sinneswandel. Es hieß "jetzt oder nie" und so bat Wilcox im Februar 2022 seine Familie und Freunde um Hilfe. Das einstige verheißungsvolle Golftalent landete in einem Therapiezentrum und schon nach einer Woche Entzug, habe er ausgesehen wie ein jüngerer Mann. Seitdem befindet sich Wilcox auf dem Weg der Besserung, gibt Golfstunden in seiner Heimat und versuchte sich erst kürzlich wieder bei einem Monday Qualifier für die Korn Ferry Tour.

"Wenn Sie mich vor vier Monaten gefragt hätten, ob ich spielen würde, hätte ich Sie wahrscheinlich ausgelacht", sagte Wilcox nach seiner Runde am Montag in Huntsville. "Ich bin seit 70 Tagen in meinem neuen Kapitel und ich hätte nie gedacht, dass ich bei einem Qualifikationsturnier am Montag so konzentriert sein würde. Ich hatte so lange keins mehr gespielt." Golfen helfe ihm nun abzuschalten und dem Alltag für einge Stunden zu entfliehen. Früher nahm er dafür zusätzlich Drogen in die Hand. Nun sind es endlich nur noch die Golfschläger.

Daniel Dillenburg

Daniel Dillenburg
Freier Redakteur

Daniel Dillenburg schreibt seit 2013 über den schönen Golfsport und ist nun nach seinem Bachelorstudium im Fach Medienwissenschaft nach Wien gezogen. Artikel werden trotzdem noch in hochdeutsch verfasst.

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