ANZEIGE
Interview des Monats: Esther Henseleit

"Jedes Turnier kann das Leben verändern"

Esther Henseleit spricht im exklusiven Interview über ihr Erfolgsrezept, über Drucksituationen sowie über Trainingsmethoden und gibt Tipps und Empfehlungen für Golferinnen.

20. Oktober 2022

Artikel teilen:

Esther Henseleit gehört zu den besten deutschen Golferinnen und hat in diesem Jahr auf den beiden Profitouren in den USA und in Europa wieder einmal starke Ergebnisse hingelegt. Die 23-jährige Proette aus dem niedersächsischen Varel spricht im exklusiven Interview mit myGOLF.de über den Zusammenhang ihrer privaten und golferischen Heimat, über ihre Erfolgsrezepte und über ihren persönlichen Umgang mit Erfolgen, Misserfolgen sowie Drucksituationen und gibt dabei wichtige Trainingstipps und Empfehlungen für Golferinnen. /""

Du pendelst zwischen Deinen Wohnorten in den USA und Deutschland. Wie fühlen sich Heimatbesuche an?

Esther Henseleit: Ich freue mich immer, wenn ich zurück nach Deutschland komme. Es ist natürlich weiterhin meine Heimat und ich freue mich jedes Mal ganz besonders, meine Familie zu sehen. Sie freuen sich auch. Und auch im Golfclub in Falkenstein oder in Bad Zwischenahn werde ich immer freundlich empfangen und alle sind froh, wenn ich mal wieder vorbeischaue.

Sagt Dir Arizona oder Niedersachsen mehr zu?

EH: Mir gefällt beides. Zum Golfspielen mit Sicherheit Scottsdale, auch aufgrund des Wetters und der sehr guten Golfplätze mit guten Bedingungen rund ums Jahr. Aber ich mag es auch in Deutschland. Beides hat seine Vor- und Nachteile.

Was schätzt Du bei Heimatbesuchen besonders?

EH: Auf jeden Fall freue ich mich auf bekannte Gesichter oder selbst gekochtes Essen von meiner Mutter. Ich mag einfach das Gefühl, zu Hause zu sein.

Esther Henseleit beim Interview mit myGOLF (photo by privat)

Wie schade findest Du es generell, dass man als Golferin seine deutsche Heimat in Richtung USA verlassen muss, um eine Golf-Karriere hinzulegen?

EH: Ich würde nicht sagen, dass es schade ist. Es ist einfach so, dass in den USA eine ganz andere Begeisterung für den Sport herrscht und dort auch ganz andere finanzielle Mittel in den Sport gesteckt werden. Die Infrastruktur für gutes Golf und viele Golfturniere auf guten Golfplätzen ist dort gegeben.

Welche Empfehlung kannst Du Nachwuchsspielerinnen beim Thema Wechsel in die USA mit auf den Weg geben?

EH: Das ist ganz individuell. Man sieht sehr viele Mädchen, die nach der Schule auf das College in die USA gehen. Ich denke, dass dies ein guter Weg ist, wenn man sich noch nicht ganz so sicher ist und um da mal reinzuschnuppern. Ich selbst habe diesen Schritt nicht gemacht und bin direkt ins Profilager gewechselt, habe aber erst angefangen für ein Jahr in Europa zu spielen. Da muss man sich ein bisschen selbst fragen, was einem am liebsten ist und wo man sich am wohlsten fühlt und dann die Entscheidung für sich selbst treffen.

Fans von Esther Henseleit beim Amundi German Masters (photo by Tristan Jones / LET)

Was hat Dich in den letzten Jahren seit Deiner ersten Profi-Saison 2019 besser gemacht?

EH: Ich habe vor allem sehr viel an meinem Spiel gearbeitet. Vor allem beim Schritt in die USA musste ich sehr viel an meinem kurzen Spiel arbeiten, da man eben nochmal schnellere und härtere Grüns mit tieferem Rough um die Grüns hat. Hier braucht man ein paar andere Schläge als in Deutschland. Da habe ich mich sehr weiterentwickelt und ich besitze nun mehr Variationen ums Grün. Insgesamt habe ich mehr an der Technik gearbeitet und ein bisschen an der Wiederholbarkeit meiner Schläge. Ich denke, dass ich mich in allen Bereichen über die letzten Jahre ein bisschen verbessert habe.

Wie lautet generell Dein Erfolgsrezept?

EH: Auf jeden Fall sollte man geduldig und gelassen auf dem Golfplatz sein und Freude daran haben, hart zu arbeiten.

Wo steckt noch Verbesserungspotenzial?

EH: Ich würde sagen, dass es in meinen vier Jahren als Profi nie eine spezielle Sache gab, die grundsätzlich nicht so gut lief. Es geht in allen Bereichen immer ein bisschen rauf und runter. Das Putten ist vielleicht das hartnäckigste Thema. Aber auch das ist schon viel besser geworden, obwohl ich weiterhin das meiste Potenzial sehe, noch ein paar Schläge herauszuholen.

Gibt es generelle Trainingsmethoden, die Du empfehlen kannst?

EH: Wenn man sich verbessern möchte, dann ist Trainieren auf jeden Fall immer eine gute Idee (lacht). Aber auch dabei ist es nicht nur einfach die reine Zeit, sondern auch die Qualität des Trainings. Wichtig ist, dass man immer weiß, woran man gerade arbeitet und dass man das Ziel vor Augen hat. Um einen bestimmten Schlag zu lernen oder um sich zu verbessern, sollte man effektiv trainieren.

Gibt es spezielle Vorgehensweisen im Training, mit denen Du nicht so gut zurechtgekommen bist?

EH: Nicht direkt. Ich bin seit jüngster Jugend immer sehr gut betreut gewesen und hatte schnell sehr gute Trainer, die mich in die richtige Richtung geleitet haben. So richtig ein Problem hatte ich mit speziellen Trainingsformen daher noch nie.

Warum lief es 2022 zunächst nicht mehr ganz so gut wie im Vorjahr, wo Du auf der LPGA-Tour unter anderem vier Top-vier-Ergebnisse eingefahren hast?

EH: Eigentlich habe ich das Gefühl, dass ich in allen Bereichen ein bisschen besser geworden bin. Die Ergebnisse sind bis dahin noch nicht so zusammengekommen, aber ich hatte zu Beginn des Jahres auch schon einen Sieg auf der European Tour, was ich im Jahr davor nicht hatte. Das war für mich ein Highlight, was das ganze Jahr in die richtige Richtung gelenkt hat.

Wie erlebst Du erfolgreiche Momente, wie zum Beispiel zuletzt Mitte September bei Deinem dritten Platz auf der LPGA Tour bei der Portland Classic?

EH: Erfolg ist das wofür man die ganze Zeit hart arbeitet. Umso schöner, wenn er dann auch eintritt. Solche Momente machen viel Spaß, geben dem Selbstbewusstsein einen Extraschub und sind Bestätigung, dass man auf dem richtigen Weg ist.

Esther Henseleit bei der Magical Kenya Ladies Open (photo by Tristan Jones / LET)

Wie gehst Du mit gestiegenem Favoritendruck als deutsche Top-Golferin um?

EH: Ich verspüre keinen Druck. Man muss sich auf sich selbst konzentrieren und sich nicht so viel mit anderen Spielerinnen vergleichen. Man sollte sich einfach nicht Ergebnisse als Ziel setzen, sondern sollte sich kleine Dinge suchen, an denen man seine Leistung festmacht. Und bei der Bewertung keine Top-Zehn und Top-Fünf-Ergebnisse einfließen lassen.

Wie gehst Du generell mit dem Thema Druck beim Golfen um?

EH: Man muss es so sehen, dass jeder Schlag oder Putt eine neue Chance ist, etwas Gutes zu erreichen. Und nicht andersherum, dass jeder nicht so gute Putt etwas Schlimmes ist. Man muss eher das Gesamtbild betrachten. Unter Druck spiele ich eigentlich immer am besten, weil ich das Gefühl habe, dass der Fokus ein bisschen besser ist. Man muss es einfach genießen, wenn die Hände mal ein bisschen Zittern sollten oder wenn man mal zwischendurch ein bisschen nervös ist. Daran merkt man, dass es für einen persönlich wichtig und eben nicht egal ist, was am Ende dabei herauskommt.

Wie sehr wurmt es Dich, wenn Du wie zuletzt den Cut verpasst?

EH: Das kann man nicht ändern. Mein Motto: Einfach alles abhaken und auf die nächste Woche konzentrieren. Wir haben extrem viele Turniere auf dem Kalender und jedes Turnier kann am Ende das Leben verändern, wenn man mal eine gute Woche erwischt. Ich versuche einfach geduldig zu bleiben und auf die nächste Chance zu warten.

Esther Henseleit bei der CME Group Tour Championship (photo by GettyImages)

Wie zufrieden bist Du mit der Strukturierung des aktuellen Profi-Damengolfes aus Sicht einer deutschen Proette?

EH: Ich glaube es geht in die richtig gute Richtung. Wenn man die heutige Situation mit derjenigen vergleicht, als ich auf die Tour gekommen bin: Es gibt heutzutage so viel mehr Spielerinnen, die schon auf der LET sind. Als ich angefangen habe, waren zwei Spielerinnen auf der LPGA Tour und mittlerweile sind es wesentlich mehr deutsche Spielerinnen mit einer Spielberechtigung. Das ist schön zu sehen. Es ist noch Potenzial da, aber insgesamt entwickelt sich das deutsche Damengolf in eine gute Richtung.

Wie beurteilst Du alternative Turnierformate bei Profiturnieren wie zum Beispiel Mixed-Wettbewerbe oder Team-Series-Veranstaltungen?

EH: Ich finde es sehr wichtig, den Golfsport vielfältiger zu machen. Dabei kann man auch verschiedene neue Formate ausprobieren, die vielleicht mehr Aufmerksamkeit bringen. Ich denke, dass Mixed-Turniere eine gute Idee sind. Mittlerweile hat man auch das Gefühl, dass dort ein richtiges Format gefunden wurde. Das war am Anfang noch ein bisschen schwierig. Je mehr Erfahrung hierbei gesammelt wird, auch mit den Team-Turnieren, desto mehr kann sich das in eine ganz spannende Richtung entwickeln.

Sind mehr Mixed-Turniere speziell für das Damen-Golf hilfreich?

EH: Es gibt den Damen auf jeden Fall eine Chance zu zeigen, dass wir genauso gut Golfspielen können wie die Männer. Vielleicht ist eben nur der Weg dahin im Vergleich zu den Herren ein bisschen anders.

Was würdest Du von einer LIV-Tour-Series für Damen halten, die zuletzt mal in der Öffentlichkeit diskutiert wurde?

EH: Dazu möchte ich eigentlich nichts sagen. Zu der Situation wird es dann kommen, wenn es diese Serie geben sollte. Im Moment glaube ich noch nicht daran. Wenn es dann soweit ist, müsste man darüber nachdenken. Aber damit habe ich mich noch nicht beschäftigt.

Das Gespräch führte Robert M. Frank

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um den JW-Player zu laden!

Wir verwenden den JW-Player, um Inhalte einzubetten. Dieser Service kann Daten zu Ihren Aktivitäten sammeln. Bitte lesen Sie die Details durch und stimmen Sie der Nutzung des Service zu, um diese Inhalte anzuzeigen.

Dieser Inhalt darf aufgrund von Trackern, die Besuchern nicht offengelegt werden, nicht geladen werden. Der Besitzer der Website muss diese mit seinem CMP einrichten, um diesen Inhalt zur Liste der verwendeten Technologien hinzuzufügen.

powered by Usercentrics Consent Management Platform
Robert M. Frank

Robert M. Frank
Leitender Redakteur

Nach abgeschlossenem Sportwissenschaft-Studium an der TU München ab 2008 als freier Autor/Reporter/Sportjournalist für Online-Portale, Tageszeitungen, Zeitschriften und Agenturen tätig. Der gebürtige Münchner, Jahrgang 1981, stieß 2018 zum Redaktionsteam hinzu und ist seit 2022 Leitender Redakteur bei myGOLF.de. Golferische Heimat: Gut Rieden in Starnberg

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um den ParOne-Player zu laden!

Wir verwenden den ParOne-Player, um Inhalte einzubetten. Dieser Service kann Daten zu Ihren Aktivitäten sammeln. Bitte lesen Sie die Details durch und stimmen Sie der Nutzung des Service zu, um diese Inhalte anzuzeigen.

Dieser Inhalt darf aufgrund von Trackern, die Besuchern nicht offengelegt werden, nicht geladen werden. Der Besitzer der Website muss diese mit seinem CMP einrichten, um diesen Inhalt zur Liste der verwendeten Technologien hinzuzufügen.

powered by Usercentrics Consent Management Platform


Ähnliche Artikel

ANZEIGE