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Interview

"Olympia wäre ein Highlight"

Sebastian Heisele spricht im Interview über schwierige Zeiten, seine Wende und über Olympische Spiele.

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Sebastian Heisele hat 2019 nach einem Jahr mit vielen Höhen und Tiefen zur deutschen und internationalen Spitze aufgeschlossen. Der 31-Jährige spricht im Interview über seine schwierigen Zeiten mit Rückschlägen, Comebacks und der erlösenden Wende in diesem Jahr. Zudem erklärt der Münchner seine verbesserte Trainingssituation, beurteilt kritisch das deutsche Golf und spricht über seine guten Chancen für eine erfolgreiche Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2020.

Warum läuft es denn bei Ihnen aktuell so gut?
Sebastian Heisele
: So genau erklären kann ich mir das im Moment nicht (lacht). Im Ernst: Letztes Jahr war das erste Jahr in meiner Golfkarriere, als ich einen Schritt zurück überstehen musste. Ich habe versucht, mich immer wieder aus diesem Tief herauszuboxen und habe immer wieder versucht, neue Wege zu bestreiten. Nachdem ich 2018 mein erstes European-Tour-Jahr relativ ordentlich gespielt hatte, musste ich dieses Jahr dann wieder über die Challenge Tour gehen.

Zunächst ohne großen Erfolg. Warum?
SH
: Ich habe versucht, viele Dinge zu ändern und bin von einem Trainer zum nächsten gesprungen. Ich habe auf die Wunderheilung gehofft, die dann natürlich auch ausgeblieben ist. Ich habe es versucht, über die Quantität zu erreichen anstatt über die Qualität. Es ging dann von einem Turnier zum anderen. Ich hoffte auf den Lucky Punch. Im Juli 2018 habe ich zu Philippe de Busschere gewechselt.

Wie kam konkret die Wende im Jahr 2019?
SH
: Wir hatten sehr intensiv über den Winter trainiert gehabt. Im April hatte ich mit einem Sieg in Marokko auf der Pro Golf Tour ein erstes Erfolgserlebnis. Der Abstieg von der ersten in die dritte Liga war zwar ein harter Schritt. Trotzdem hat es mir gezeigt, dass die Arbeit im Winter jetzt endlich auch Früchte trägt. Die Saison auf der Challenge Tour begann sehr konstant. Bei den meisten Turnieren war ich nach der Halbzeit meistens so unter den ersten 15 bis 20 vertreten. Aber ein gutes Ergebnis zu verbuchen, ist dann leider ausgebleiben.

Schlag ins Gesicht

Und dann kam auch noch eine Verletzung im Juli dazwischen …
SH
: Ja, diese Verletzung am rechten Fuß kam aus heiterem Himmel. Ich bin beim Training in Eichenried in ein Erdloch getreten und habe mir dabei das Außen- und Innenband angerissen. Zunächst habe ich an nichts Ernstes gedacht. Doch dann bekam ich vom Arzt den Rat, zwei Wochen Gips zu tragen und minimum acht Wochen Pause zu machen. Das war ein Schlag ins Gesicht. Die Ziele, die ich mir vor der Saison vorgenommen hatte, waren auf einmal in weite Ferne gerückt.

Diese haben Sie dann aber doch umgesetzt …
SH
: Hätte mir vor zwei Monaten jemand gesagt, dass ich meine Tourkarte wiedererlange, hätte ich nur darüber gelacht. Mittlerweile ist das Selbstvertrauen wieder da, das davor gefehlt hat. Wichtig war ein sicheres Auftreten. Schwungtechnisch hat sich derweil ja nicht so viel geändert.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

It was a good day ?? @challengetour winner at last! #running

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Ohne viel zu überlegen einfach drauflosspielen

Warum haben Sie sich Ihre Trainingsbasis am Tegernsee unweit von Ihrem Wohnort München ausgesucht?
SH
: Für mich ist es ganz wichtig, dass ich einen Trainer in der Nähe habe. Nach den ganzen Wochen, die ich bei Turnieren unterwegs bin, möchte ich nicht auch noch weit zum Training anreisen. Wir haben im Training ein paar Dinge versucht, aus dem System zu löschen. Fehler, die sich seit Jahren eingeschlichen haben. Alle Fehler sind zwar noch nicht ganz draußen. Aber ich kann jetzt erfolgreicher spielen und die Ergebnisse geben einem Recht. Es hat sich ein Automatismus entwickelt, der mit dem Selbstvertrauen gekoppelt ist. Man hinterfragt sich nicht mehr in der Form, in der man es früher getan hätte. Ich spiele einfach Golf. So wie eben 2017. Da habe ich ohne viel zu überlegen, einfach drauflosgespielt.

Welche Rolle spielt Ihr dort ansässiger Trainer Philippe de Busschere, der ja auch Bernd Wiesberger coacht?
SH
: Er hat in den letzten Jahren Bernd Wiesberger in die ersten 30 der Weltrangliste gecoacht. Es ist wichtig einen Trainer zu haben, mit dem man sich austauschen kann. Und auch einen, der mir ehrlich sagt, was schlecht bei mir ist und der mir die Richtung ansagt. Es war für mich wichtig, an die Hand genommen zu werden. Mir wurde vor Augen geführt, wie die Weltspitze trainiert. Sie trainieren zielorientierter...

Wie darf man das verstehen?
SH
: Ich habe schnell merken müssen: Dass, was ich bis dato trainiert und für ein höheres Niveau gehalten hatte, war in Wahrheit ein Amateurniveau gewesen. Es ging darum, mein Training turnierorientierter zu gestalten. Mit Situationen, wie sie bei Turnieren vorzufinden sind. Oder darum, Vorbereitungen für einen längeren Zeitraum zu treffen. Ein Ziel in dieser Form hatte ich davor noch nie so richtig verfolgt. Den Sinn und die Notwendigkeit hatte ich zuvor vielleicht nicht ganz verstanden.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

#tbt to being on the top of the world. #tegernsee #amazing #nature

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Wie beurteilen Sie die Situation im deutschen Profigolf?
SH
: Vor ein paar Jahren ist Golf in Deutschland groß gehypt worden. In den letzten Jahren sind in den Nachbarländern mittlerweile starke Spieler herangewachsen. In den ersten 20 auf der Challenge Tour liegen zum Beispiel vier Holländer. In Mallorca sind wir zum Beispiel nur drei Deutsche, die an den Start gehen. Das sollte normalerweise nicht der Anspruch sein.

Wie können Sie sich das erklären?
SH
: Ich bin der starken Meinung, dass zu wenig zur Förderung des deutschen Profigolfs unternommen wird. Wir hatten mal ein Challenge-Turnier in Deutschland, aber jetzt keines mehr. Frankreich hat als Beispiel gerade vier Challenge-Tour-Turniere. Holland und Österreich auch jeweils ein Turnier ab 2020. Das ermöglicht den Spielern, die in den Profibereich wollen, eine gute Möglichkeit hereinzuwachsen. Ungefähr 30 Spieler haben somit jedes Jahr die Chance, mindestens sieben Challenge-Turniere zu spielen. Frankreich bringt jedes Jahr einige neue Spieler in diese Tour. In Deutschland muss man erst über die Pro Golf Tour kommen. Das ist meines Erachtens nicht ideal.

Ein Challenge-Tour-Turnier muss allerdings auch erst einmal finanziert werden …
SH
: Klar liegt das an Geldern, um solche Turniere zu finanzieren. Mit einem Preisgeld von nehmen wir mal 200.000 Euro habe ich als Verband aber doch eine gute Chance, um Jugendspieler oder einen guten Amateurspieler voranzubringen. Wenn deutsche Spieler von ihren Uni-Jahren aus den USA zurückkommen, haben sie oft in Deutschland keine Möglichkeit, die Challenge Tour zu erreichen. Eine Pro Golf Tour ist zwar vorhanden. Aber dort ist es für diese Spieler nicht einfach. Das Niveau wird immer besser. In anderen Ländern wie Österreich oder Holland zum Beispiel, die nicht die Masse an Golfern haben wie Deutschland, gibt es immer wieder Spitzensportler. Da muss man sich die Frage stellen: Was machen die anderen Nationen anders als wir es tun? Wir haben ein existierendes System, aber meiner Meinung nach führt das oft zu nichts.

Wie lauten Ihre nächsten Ziele?
SH
: Das aktuelle Ziel ist, so gut wie möglich zu spielen, damit Siege rausspringen. Ranglistenpunkte sind aktuell wichtig. Ein weiterer Turniererfolg wäre mit wichtigen Weltranglistenpunkten versehen. Das ist auch im Hinblick auf Olympia entscheidend. Von einer Nominierung für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio bin ich aktuell nicht so weit entfernt. Umso höher ich in der Rangliste stehe, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich eine Qualifikation schaffe. Olympia wäre ein Highlight, bei dem ich natürlich herzlich gerne mitmachen würde. Auch wenn nächstes Jahr auf der European Tour dann wieder andere Ziele hinzukommen werden.

Robert M. Frank

Robert M. Frank
Leitender Redakteur

Nach abgeschlossenem Sportwissenschaft-Studium an der TU München ab 2008 als freier Autor/Reporter/Sportjournalist für Online-Portale, Tageszeitungen, Zeitschriften und Agenturen tätig. Der gebürtige Münchner, Jahrgang 1981, stieß 2018 zum Redaktionsteam hinzu und ist seit 2022 Leitender Redakteur bei myGOLF.de. Golferische Heimat: Gut Rieden in Starnberg

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