Während sich die Konkurrenz am harten Setup des Winged Foot Golf Club die Zähne ausbiss, marschierte Bryson DeChambeau in beeindruckender Weise zum ersten Major-Titel seiner Karriere. An einem eigentlich normalen Finaltag einer US Open, an dem die meisten Spieler darum kämpften, ihr Ergebnis irgendwie zusammenzuhalten, blieb nur einer unter dem Platzstandard von 70 Schlägen. DeChambeau kam mit einer 67 (-3) ins Clubhaus und benötigte damit drei Schläge weniger als die nächstbesten. Am Ende hatte der 27-Jährige bei einem Gesamtergebnis von sechs unter Par sechs Zähler Vorsprung auf den Zweitplatzierten Matthew Wolff, der als Führender in den Finaltag gegangen war.
Die dominante Vorstellung des immer wieder für sein langsames Spiel kritisierten DeChambeau ist das Resultat einer einzigartigen und für viele revolutionäre Herangehensweise an den GolfSport. Beziehungsweise ist es überhaupt noch ein Sport oder schon eher eine Wissenschaft? Als eine solche betrachtet ihn nämlich DeChambeau und so verfolgt er verschiedenste Ansätze, die ihn derzeit abheben vom Rest des Feldes. "Ich denke, ich verändere auf jeden Fall die Art, wie Menschen über das Spiel denken", sagte "The Scientist", wie der nun siebenfache PGA-Tour-Sieger genannt wird.
Amazing feeling after so much hard work has gone into this transformation of my game and outlook. Thank you to my fans, team and sponsors for sticking with me. And thank you to the @USGA, @usopengolf and Winged Foot for an incredible test. So honored to have won my 1st major here pic.twitter.com/75OEogzMtc
— Bryson DeChambeau (@b_dechambeau) September 21, 2020
DeChambeaus siegbringende Taktik für die vergangene Woche war es, den Ball jedes Mal so nah wie möglich an die Grüns zu bringen. Und am besten noch gerade. Dass er am Ende nur 23 der 56 Fairways getroffen hatte, spielte keine große Rolle, denn: "Wenn der Ball so weit fliegt, wie er es normalerweise tut, dann fühle ich mich wohl im Rough. Weil mit einem Wedge oder kurzen Eisen kann ich das Grün immer noch erreichen. Das macht das Rough weniger bedrohlich." DeChambeau zähmte mit diesem Ansatz das Biest Winged Foot Golf Club. Als einziger Spieler im Feld spielte er keine der vier Runden über Par. Die Taktik ging optimal auf.
Über den vergangenen Winter nahm DeChambeau knapp 20 Kilogramm an Masse zu. Die Arbeit im Fitnessstudio ist eines der vielen Puzzlestücke in dem auf Perfektion angelegten Spiel des Kaliforniers. Ein weiteres ist das einzigartige Schläger-Konzept. Als erster Spieler auf der Tour greift er auf Eisen und Wedges zurück, die alle gleich lang sind (95,3 Zentimeter) sowie über den identischen Lie und Bounce verfügen. Nur der Loft unterscheidet sich. Den nächsten Schritt will DeChambeau mit einem neuen Schläger machen. Nach dem US-Open-Sieg soll ein 48-inch Driver ins Bag wandern. Das Ziel ist klar: Noch mehr Länge vom Tee generieren. Auch bei der Muskelmasse sieht er noch Optimierungsbedarf.
DeChambeau hat sich der Wissenschaft verschrieben. Die Resultate geben ihm Recht. Und doch zeigt sich ein Rory McIlroy skeptisch und sagt: "Ob das nun gut oder schlecht ist für das Spiel. Ich weiß nicht." Dem Kraftpaket mit Schiebermütze ist sich seiner Sache jedenfalls sicher. Und wie es nun mal ist, wenn man gegen den Strom schwimmt: Hört man damit auf, treibt man zurück.
Sharing the win with mom and dad. ??
— PGA Tour (@PGATOUR) September 20, 2020
All the emotions for @B_DeChambeau. pic.twitter.com/vFmSt2VOF3